Euböa - die Insel mit unzähligen Traumstränden
Für unsere Leser mit wenig Zeit:
25.11. Wir verlassen Pelion und finden einen wunderschönen Platz in einer Bucht am Meer; 26.11. Heute ist es soweit: Die Fähre bringt uns von «Glifa» am Festland nach «Agiokampos» auf der Insel «Euböa»; 26. – 28.11. Was für ein schöner Ort; ein verlassener Campground bietet uns einen Platz direkt am Meer – wäre nach zwei Tagen nicht starker Regen gekommen, wären wir sicher länger geblieben; 28.11. Eine eiskalte Dusche am Maypika Beach; 29.11. Der Limnionas Beach ist bekannt für sein Farbenspiel zwischen dem langen braunen Strand und dem blau leuchtenden Wasser – ein schöner Ort zum Übernachten; 30.11. Wir erkunden vier Strände und übernachten am Fünften, dem Metochiou Beach; 1.12. Heute geht es auf unwegsamen Pisten zu den verborgenen Stränden Thapsas & Tsilaros. Unsere spätere Platzsuche verläuft eines alten Bauern wegens leider nicht wie geplant; 2.12. Via Korasida & Kalamos Beach zum Mageiras Strand, wo wir mit Appenzeller ein Appenzeller geniessen; 3.12. Heute erkunden wir sechs Strände und verkriechen uns am Siebten, dem Giannitsi Beach, vom annähenden Sturm in einer Höhle; 4.12. Nach einer langen Küstenfahrt parkieren wir in einem weiteren «Strassen-Lost-Place»; 5.12. Wir besichtigen den schönen Zastani Beach, erkunden weitere Lost Places und übernachten am Strand bei Nimporio; 6.12. Heute stehen weitere Lost Places auf dem Programm und sogar unser Ziel, die «Island of Dreams» ist einer; 6. – 8.12. Die «Island of Dreams» ist eine durch einen Landstreifen mit der Ortschaft «Eretria» verbundene Insel. Auf der Insel befindet sich ein verlassenes Ferien-Resort. Zwei Nächte verbringen wir hier und nutzen die Lage um Eretria zu Fuss zu erkunden.
Für diejenigen mit etwas mehr Zeit:
Am 25. November verlassen wir die Halbinsel Pelion; unsere nächstes Ziel ist die Insel Euböa (auch Evia genannt). Euböa ist mit 3’670 Quadratkilometer die zweitgrösste Insel Griechenlands. Wer sich jetzt fragt, welches die grösste Insel ist; es ist Kreta mit einer Fläche von 8’331 Quadratkilometer.
So schnell sind wir dann aber doch nicht auf Euböa. Wir verbringen eine Zwischennacht inmitten von Olivenbäumen am Strand an der Nies Bay.
Am 26. November fahren wir nach Glifa; von hier aus bringt uns die Fähre nach Agiokampos auf Euböa.
Ein verlassener Campingplatz direkt am Meer ist unser Ziel. Die Stimmung mit der Küste und den Wellen erinnert uns irgendwie ein Bisschen an unsere fantastische Zeit bei Morrungulo in Mosambik. Wieso dieses schöne Fleckchen Erde nicht mehr als Campingplatz genutzt wird, finden wir leider nicht heraus. Geniessen tun wir es natürlich trotzdem🥰.
Yoga-Time! Während Tanja die Anfänger-Figuren «Schwebender Buddha» und «Empfängerin der Sonne» – wirklich zwei sehr ähnliche und einfache Figuren – zeigt, mache ich die Profi-Figuren «Fallender Mönch» und «Schreiender Kranich»!
Würde es heute nicht regnen, wären wir sicher geblieben! Tja, wäre, wäre Fahrradkette – wie der Loddar an dieser Stelle sagen würde. Weil es aber leider kein Wunschkonzert ist, geht unsere Euböa-Tour am 28. November weiter und endet heute am Maypika Beach.
Wir parken direkt am Strand neben einer kleinen Stranddusche. Statt unseren Duschschlauch anzuschliessen und mit schön warmem Wasser zu duschen, entscheiden wir uns für die Zero-Aufwand-Variante und nutzen das eiskalte Bergwasser der Stranddusche😱.
Den 29. November verbringen wir am Limnionas Beach. Der Limnionas Beach ist bekannt für seine Farbkombination zwischen dem langen braunen Strand und dem blau leuchtenden Wasser. Besonders gut zur Geltung kommt dieses Farbenspiel aus der Vogelperspektive.
Ein richtiger «Strand-Erforschungs-Tag» ist der 30. November. Wir erkunden den Akti, den Petali, den Vithouri, den Chiliadou und den Metochiou Strand (auch Metochi genannt). Bei letzterem finden wir einen schönen Platz und tolle Gesellschaft. Sowohl die lokale Bevölkerung wie auch unzählige Katzen kommen zu Besuch vorbei, respektive grüssen freundlich beim Vorbeifahren.
Am 1. Dezember verlassen wir den Metochiou Strand. Heute wird ein klassischer Serpentinen-Tag mit Strand-Abwechslung. Zuerst geht es auf befestigten Strassen hoch ins Gebirge bevor wir links auf 4×4-Pisten abbiegen. Mehr oder weniger kreuz und quer fahren wir über Stock und Stein durch bergiges Gebiet. Auf unserer Tour entdecken wir die abgelegenen Strände Thapsas & Tsilaros.
Bei strahlendem Sonnenschein stoppen wir gegen ein Uhr nachmittags auf einer Anhebung eines alten Steinbruchs. Irgendwie werden wir beide mit unserer Platzwahl nicht warm und entschliessen uns für die Weiterfahrt. Auf der Suche nach einem schönen Platz fahren weiter durch die Berge.
Hätten wir gewusst, dass uns heute der Platz-Finde-Gott nicht zur Seite steht, wären wir wohl geblieben. Der kleine Bergweg bietet kaum Möglichkeiten zum Parkieren und falls doch, nur extrem exponiert. Zwei Stunden später taucht unter uns die grössere Ortschaft «Kymh» auf. Das war fix nicht unser Ziel!
Wir sind allmählich müde und möchten schnellst möglichst einen ruhigen Platz finden. Also wenden wir und fahren eine andere Bergstrasse wieder hoch. Irgendwo dort oben haben wir aus der Ferne eine einsame Kirche entdeckt. Kirchen haben meistens grössere Parkplätze und bieten somit gute Übernachtungsmöglichkeiten.
In der letzten Steilwandkurve fahren wir etwas zu weit gerade aus und landen mit Mojitos Schnauze auf der Einfahrt eines kleinen Bauernhof (Anm. d. Red.: Unser ausgewaschener Pfad ist schon kaum breiter als Mojito, weshalb wir irgendwie die Haarnadelkurve zu spät gesehen haben. Ausserdem waren wir überrascht hier im Niemandsland überhaupt ein abgekämpftes Gebäude zu sehen). Als wir zurücksetzen, taucht vor uns der alte Bauer am Zaun auf. Wir winken freundlich, wenden und fahren die zwei Kilometer hoch zur Kirche. Etwa zweihundert Meter unter der Kirche entdecken wir ein kleines natürliches Plateau mit schöner Sicht ins Tal. Wir sind froh, angekommen zu sein und parken Mojito.
Die Freude hält nicht lange, denn kurz darauf kommt der Bauer angebraust. Ich laufe ihm entgegen und frage ihn auf englisch, ob wir hier stehen können.
Die Antwort kommt in wildem griechisch.
Ok, dann auf Zeichensprache: Schlafzeichen, Daumen rauf oder runter? Die Antwort kommt wieder auf griechisch. Gut, dann mit Hilfe von Google-Translate «dürfen wir hier übernachten»?
Die Antwort kommt in wildem griechisch.
Ich versuche ihm mitzuteilen, dass er bitte dann sprechen soll, wenn ich die Taste von Google-Translate gedrückt halte. Nach gefühlten zweihundert Versuchen klappt es und Google übersetzt so in etwa «ihr könnt hier nicht stehen, da ihr alle Leute stören, und Aufruhr verursachen werdet»!
Hä, alle Leute?!? Hier ist keine Sau – also mit Ausnahme von dir, du komischer Bauer! Aber ok, wir sehen ein, dass es keinen Sinn macht hier zu bleiben.
Wir verabschieden uns, fahren zurück ins Tal und auf der anderen Seite den Berg hoch. Eine gute Stunde später haben wir ein Örtchen gefunden. Zwei Mal zucken wir zusammen, als Menschen auftauchen. Ausser einem freundlichem Gruss und einem kurzen Geplauder passiert glücklicherweise nichts. Und so haben wir doch noch ein schönes Plätzchen gefunden.
Anmerkung: Wir begegnen in Griechenland fast ausschliesslich uns gut gesinnten Leuten und geniessen die hiesige Gastfreundschaft sehr. Selbstverständlich achten wir auch penibel darauf, dass wir keine privaten Grundstücke betreten. Der genannte Bauer war bisher die einzige Person, welche offensichtlich keine Freude an uns hatte. Wieso oder was wir falsch gemacht haben, wissen wir nicht – vielleicht hätten wir nicht wenden sollen, als er aus dem Haus gekommen ist; schlussendlich auch egal. Wir respektieren solche Einwände und sind sehr dankbar, dass wir in Griechenland fast an jeder Ecke ein schönes Plätzchen finden, wo wir stehen dürfen – selbstverständlich ist dies für uns nämlich nicht!
Weit kommen wir am 2. Dezember nicht; nach einem Kaffee-Stopp beim Korasida & Kalamos Beach, campen wir am Mageiras Beach. Hier stossen wir auf das nette Appenzeller Pärchen Sandra & Dani. Mit unseren neuen temporären Nachbarn geniessen wir ein Appenzeller Bierchen. Danke euch beiden für das Schlückchen Heimat😍!
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Heute ist es windig, bewölkt und es sieht nach Regen aus. Wir fahren am 3. Dezember weiter und entscheiden uns trotz der angespannten Wetterlage für abgelegene Pfade. Die Strecke führt uns an den folgenden Stränden vorbei: Der Cherómylos, der Stomio, der Armirichi, der Limnionas Mesochoria und der Aktaíou Beach werden von uns erkundet.
Als wir die letzte Bergkuppe überwinden, taucht 380 Meter tiefer unser Ziel auf: Der Giannitsi Beach. Ein geschützter Platz muss her, denn in der Nacht sind Regen und Windgeschwindigkeiten von 40 Stundenkilometer mit Böen bis zu 90 Stundenkilometer angesagt😱.
Am Strand entdecken wir eine kleine Höhle; perfekt für uns, denn so haben wir die Winde im Rücken. Wir fahren über den Strand und parken Rückwärts in die Höhle. Eine Leiter brauchen wir hier definitiv nicht – die topographischen Gegebenheiten erübrigen dies🤣! Der sandige Boden und unser Heckeinstieg trennen nur gerade 40 Zentimeter.
Mojito hätte die Nacht nicht besser stehen können. Während es draussen heftig regnete und windete, war Mojito in seinem kleinen Versteck perfekt geschützt. Und so geht unsere Tour am 4. Dezember weiter. Wieder entscheiden wir uns für die einfachen Wege möglichst nahe am Meer entlang und wiederum düsen wir durch wunderbare Landschaften. Nach 90 Kilometer stossen wir bei Mpouros auf erste Zeichen von Zivilisation: Centaurus begrüsst uns mit seiner Braut auf dem Rücken.
Weitere 40 Kilometer später erreichen wir unser Ziel: Ein verlassenes Strassennetz am Meer. Trotz intensiven Recherchen finde ich leider nichts über diesen mysteriösen Ort heraus. Obwohl viele der kilometerlangen Strassen bereits beschädigt oder nicht mehr befahrbar sind, gibt es hier ab und an Bautätigkeiten. Teilweise werden sogar stattliche Villen gebaut und ja, schön ist es hier! Dennoch fällt es uns bei derzeit 0.0127 % überbauten Fläche nicht schwer, einen coolen Platz für die Nacht zu finden.
Nachdem wir am 5. Dezember einige Kilometer der leeren, teilweise mega steilen Strassen erkundet haben, fahren wir weiter zum Zastani Beach.
Nach der Erkundung einiger «Lost Places» landen wir in der Ortschaft «Nimporio» und machen uns hier am Strand breit. Muss man Nimporio gesehen haben? Unsere Antwort würde lauten: Nein, muss man nicht..
Während andere Samichlaus feiern, erkunden wir am 6. Dezember weitere «Lost Places». Als erstes besichtigen wir dem Zerfall überlassene Club-Lokale und fahren dann zum Ziel: Der «Island of Dreams» bei Eretria.
Island of Dreams
Über einen kleinen Streifen Land gelangt man vom Städtchen Eretria auf die Insel «Pezonisi» oder besser bekannt als «Island of Dreams». In den 1960er Jahren entstand hier das Ferienresort «Island of Dreams» mit Restaurant, Disco, Theater, Minigolfbahn, Hotelkomplex mit 52 Zimmern und 46 Bungalows.
Seit der Gründung sind die Eigentumsverhältnisse auf der Insel durch komplizierte juristische Verfahren verstrickt. Während der Diktatur von 1967-74 wurde die Insel der GNTO (der Griechischen Nationalen Tourismusorganisation) überlassen, die das Recht erhielt, die Insel für 75 Jahre zu nutzen. Die GNTO wiederum verpachtete die Insel weiter an einen Geschäftsmann. Nach dem Sturz der Junta entschied der Oberste Gerichtshof, dass die bis ins Jahr 2043 laufende Konzession von der GNTO an die Gemeinde Eretria abgetreten werden muss. Der letzte Betreiber, welcher das Hotel von der Gemeinde gepachtet hatte, verliess die Insel im Jahr 2008. Seitdem gammelt die Anlage vor sich hin.
Internationale Bekanntheit bekam die Insel im Oktober 2012 als Griechenland sich bemühte, durch die Verwertung von Staatsvermögen, Geld zu beschaffen. Der damalige Bürgermeister von Eretria schrieb die Insel international zur Verpachtung aus. Es wurde gemunkelt, dass arabische Tycoons, reiche russische Investoren und bekannte griechische Geschäftsleute mit dem Erwerb der ersten griechischen Insel liebäugeln. Die zwei Ausschreibungen blieben jedoch erfolglos.
Im Jahre 2014 wollte ein vermögender griechischer Geschäftsmann die touristischen Aktivitäten auf der Insel wiederbeleben. Seine Bemühungen scheiterten aber an den verschlungenen Pfaden der Bürokratie.
Bis heute ist unklar, wem die Konzession rechtlich gehört. Zudem gehen die Meinungen über die Nutzung der Insel diametral auseinander: Während die einen sich nach den Blütezeiten des Resorts «Island of Dreams» sehnen, wollen andere die Insel der Öffentlichkeit zugänglich machen und einen Themenpark bauen.
Fact ist, dass die Hotelanlage seit dem Jahre 2008 zerfällt. Dem Einsatz einer Freiwilligengruppe ist es zu verdanken, dass die Insel noch nicht ganz zerfallen ist. Um Brände zu verhindern, befreien sie jährlich die Anlage von Gestrüpp und Abfall.
Wir stellen das Auto an einem der kleinen hübschen Strände der Insel ab und erkunden die Anlage zu Fuss. Fast alles wurde geplündert und beschädigt. Nichts desto trotz weisen überall Dinge auf die alten Blütezeiten hin: Die Theke der Rezeption, das kaputte Kücheninventar, ein zerfallener Billardtisch, die zerstörten sanitären Installationen und nicht zuletzt einige gut erhaltene Prospekte.
Neben dem Zerfall ist die Anlage aber auch Schauplatz von Kunst; talentierte und weniger talentierte Künstler haben den unzähligen Wänden ihren Stempel aufgedrückt.
Wir fühlen uns sehr wohl auf der verlassenen Insel. Unser Campingplatz verfügt quasi über einen kleinen Privatstrand, Eretria ist nur ein kurzer Spaziergang entfernt und ein zuckersüsses Hausbüsi haben wir auch gefunden.
Und was entdecken wir an bester Lage beim Spaziergang durch Eretria? Ein weiterer Lost Place! Direkt an der begehrten Promenade, neben unzähliger Restaurants, erhebt sich vor uns ein riesiges altes Hotel. Das Hotel Delfis verfügte einst über 88 Zimmer. Jetzt ist es abgesperrt und dem Zerfall überlassen.
Und hier noch ein paar Aufnahmen aus der Luft:
Nach zwei Nächten verlassen wir die Insel der Träume und kurz darauf auch Euböa. Und so heisst es am 8. Dezember «Tschüss Euböa – Peleponnes, wir kommen!».
Unsere Route auf der Karte:
Und der Film von Euböa: